Funktionalanalysis I
Christoph
Bock
Preprint, Universität Erlangen-Nürnberg (2024)
Zusammenfassung
Funktionalanalysis
bedeutet, grob gesagt, die Untersuchung unendlich-dimensionaler
Vektorräume und der Eigenschaften der stetigen Abbildungen
zwischen solchen, wobei der Begriff der Stetigkeit natürlich
eine Topologie oder etwas spezieller eine Norm benötigt. Der
Name Funktionalanalysis
rührt daher, daß in den Anfängen der
Theorie die Analysis auf Funktionale von Funktionenräumen
ausgeweitet wurde. Funktionalanalytische Resultate ergeben
Möglichkeiten, Probleme der (Partiellen)
Differentialgleichungen oder der Funktionentheorie zu lösen und die Quantenmechanik zu formulieren. Ich verzichte hier allerdings
größtenteils, auf die
Anwendungen einzugehen.
Kapitel 1 behandelt fastmetrische Räume und topologische
Eigenschaften jener. Soweit es möglich ist, führe ich
die Theorie auf dem Niveau topologischer Räume. Bzgl. vieler
Ergebnisse muß man sich allerdings auf den Fall
fastmetrischer Räume beschränken. Höhepunkt
des Kapitels sind der Nachweis der Existenz einer bis auf Isometrie
eindeutigen Vervollständigung (fast-)metrischer
Räume, eine Charakterisierung kompakter Teilmengen
fastmetrischer Räume sowie die Sätze von
Arzelá-Ascoli
und von Baire. Das Kapitel kann auch als eine kleine
Einführung in die
Grundstrukturen der mengentheoretischen Topologie verstanden werden,
wobei der Begriff des fastmetrischen Raumes im Mittelpunkt steht.
Im zweiten Kapitel werden normierte Vekrorräume und Algebren
betrachtet, welche zusammen mit ihren stetigen linearen Abbildungen die
eigentlichen Objekte der Funktionalanalysis bilden. Herausragende
Ergebnisse sind die Existenz einer bis auf Isometrie
eindeutigen Vervollständigung normierter Vektorräume
bzw. Algebren zu sogenannten Banachräumen bzw. -algebren, eine Charakterisierung endlich-dimensionaler normierter
Vektorräume, die Sätze von Hahn-Banach, zu
deren Beweis das Lemma von Zorn, dessen Beweis in Anhang A zu
finden ist, benötigt wird, und die
fundamentalen Prinzipien der gleichmäßigen
Beschränktheit und der offenen Abbildung.
Die wichtigsten Räume in der Funktionalanalysis sind
Räume stetiger bzw. integrierbarer Funktionen, denen die drei
folgenden Kapitel gewidmet sind. Die herausragenden Ergebnisse des
dritten Kapitels sind, daß
die im unendlichen verschwindenden stetigen Funktionen, die auf
lokal-kompakten Hausdorff-Räumen definiert sind, in den
stetigen Funktionen mit kompaktem Träger bzgl. der
Supremumsnorm dicht liegen, wofür eine Version des Lemmas
von Urysohn, deren Beweis in Anhang C zu finden ist,
benötigt wird, und der Satz
von Stone-Weierstraß. Kapitel 4 stellt
zunächst eine leistungsfähige
Integrationstheorie zur Verfügung, leistungsfähig in
dem Sinne, daß das dargestellte Lebesguesche Integral,
welches nach H. L. Lebesgue benannt ist, unter gewissen
Grenzwertprozessen abgeschlossen ist. Sodann werden im fünften
Kapitel die Lebesgueschen
Räume der p-integrierbaren Funktionen
eingeführt
und u.a. die Ungleichungen von Hölder und Minkowski
sowie der Satz von Riesz-Fischer
über die Vollständigkeit der Lebesgueschen
Räume bewiesen.
Ein bedeutendes funktionalanalytisches Prinzip besteht darin, die
Untersuchung eines normierten Vektorraumes mit dem Studium seines
topologischen Dualraumes zu verbinden. In diesem ist die
Einheitsvollkugel bzgl. der durch die Operatornorm
induzierten Topologie allerdings i.a. nicht kompakt, und dies
erfordert die Entwicklung einer speziellen Methode für die
Funktionalanalysis. In Kapitel 6 wird u.a. die sog.
„schwache-*-Topologie“
eingeführt und gezeigt, daß die Einheitsvollkugel
des topologischen Dualraumes eines normierten Vektorraumes bzgl.
dieser stets kompakt ist - d.i. der Satz von Banach-Alaoglu,
dessen Beweis den in Anhang B präsentierten Satz
von Tychonoff verwendet. Mit diesem Rüstzeug kann ich
im weiteren Verlauf des Kapitels
reflexive Räume charakterisieren, wobei ein
normierter Vektorraum genau dann reflexiv heißt, wenn seine
kanonische Einbettung in den topologischen Bidualraum surjektiv ist. An
einer Stelle wird hierbei der Satz von Eberlein-Šmulian
wesentlich ausgenutzt und deswegen skizzenhaft bewiesen. Eine der
Charakterisierungen ermöglicht es außerdem,
zu zeigen, daß die Approximationsaufgabe in reflexiven
Räumen mindestens eine Lösung besitzt.
Das siebente Kapitel behandelt Räume, in deren
Vervollständigung die Approximationsaufgabe eindeutig
lösbar ist, nämlich gleichmäßig
konvexe Räume. Des weiteren werden die Sätze
von Clarkson und Milman, die mit dem Satz
von Riesz-Fischer die
Reflexivität der Lebesgueschen Räume
für p ϵ
]1,∞[
ergeben, sowie der Darstellungssatz von Riesz, der im
Falle p ϵ
[1,∞[
den Dualraum eines
Lebesgueschen Raumes angibt, bewiesen.
Inhalt
1 Fastmetrische
Räume
Grundlagen
Vervollständigung fastmetrischer Räume
Kompakta und der Satz von Arzelà-Ascoli
Der Satz von Baire
2 Normierte
Räume und Algebren
Grundlagen
Beschränkte Operatoren
Endlich-dimensionale Räume
Existenz von Normen
Hahn-Banach Sätze
Transponierte Operatoren und der topologische Bidualraum
Die Prinzipien der gleichmäßigen
Beschränktheit und der offenen Abbildung
Anhang: Normierbare topologische Vektorräume
3 Räume stetiger
Funktionen
4
Lebesguesche Integrationstheorie
Quadermaße
Treppenfunktionen
Nullmengen
Lebesgue-integrierbare Funktionen
Grenzwertsätze und deren Folgerungen
Riemann- bzw. Stieltjes-Integral und absolut konvergente Reihen
Lebesgue-integrierbare Mengen
Stetige und differenzierbare Abhängigkeit
Der Satz von Fubini und der Transformationssatz
Lebesgue-Meßbarkeit und der Satz von Tonelli
Anhang: Meßbarkeit im Sinne der Maßtheorie
5
Lebesguesche Räume
Einführung
Ungleichungen
Dichte Teilmengen und Vollständigkeit
6 Reflexive Räume
Schwache
Topologien
Charakterisierung reflexiver Räume
Die Approximationsaufgabe
Anhang: Der Satz von Eberlein-Šmulian
7
Gleichmäßig konvexe Räume
A Das Lemma von Zorn
B Der Satz von Tychonoff
C Das Lemma von Urysohn